Nachfolgend einige Überlegungen zum Thema Gebraucht-Klavierkauf, insbesonders eBay <-> Klavier
Normalerweise ist ein Klavierkauf eine ziemlich langwierige Angelegenheit: Da werden bei verschiedenen Händlern verschiedene Instrumente angespielt, das was vom Klang her gefällt ist leider weiss und nicht schwarz, das braune wäre ja auch noch ok, ist aber viel zu teuer und bei dem schönen xxxx kann man sich mit dem Anschlag/Spielgefühl nicht anfreunden…
Das ist unser täglich Brot im Umgang mit dem Kunde – aber so soll es ja auch sein, schliesslich habe ich mit vorgenommen, für jeden Kunden in fast jeder Preisklasse das passende Instrument zu finden und nicht nur möglichst schnell irgendeines zu verkaufen. Schliesslich wird das “neue” Klavier einige Jahrzehnte beim Kunden stehen. Und da sollte man auch die Optik nicht wegreden: Sicher, in erster Linie muss ein Klavier gut klingen und gut bespielbar sein.
Aber es muss sich auch optisch in den Wohnraum einpassen, Sie können es nach dem Üben ja nicht einfach in einen Schrank stellen wie eine Gitarre.
Wenn Sie fleissig sind, üben Sie vielleicht jeden Tag 2-3 Stunden – aber 10 Stunden täglich schauen Sie das Instrument an…
Ich konstatiere: Ein Klavier(ver)kauf ist eine komplexe Angelegenheit aber das ist auch erst das Salz in der Suppe, so sollte das auch sein.
Aber was passiert jetzt?
Der sonst so anspruchsvolle Kunde entdeckt eBay – und allzu gross ist die Versuchung, hier ein Schnäppchen zu erstehen.
Sicher, Motto des Jahres ist “Geiz ist geil” (ein anderes sog. Musikfachgeschäft wirbt jetzt sogar mit “Geiz hat Vorfahrt”. Bitte, bitte, nichts dagegen. Ich würde eher werben mit “Kompetenz ist geil” und “Qualität hat Vorfahrt”, aber das ist ein anderes Thema).
Zurück zum eBay-Schnäppchen:
Allzu gross ist die Verlockung, per Mausklick ein Klavier zum Schnäppchenpreis erstehen zu können.
Nicht selten werde ich mit der Stimmung beauftragt und der Kunde erzählt stolz, dass das Instrument nur 351,- Euro gekostet hat – gut der Transport auch nochmals 175,- Euro – aber dass sei doch immer noch billig.
Es ist ziemlich deprimierend, wenn man dem Kunden dann ins Gesicht sagen muss, dass z.B. dieses Instrument aufgrund zahlreicher Mängel überhaupt nicht mehr gestimmt werden kann.
eBay hat sich leider zur “Klavierentsorgungsplattform Nummer 1” entwickelt. Weil: Wohin mit einem kaputten Klavier? Dem Sperrmüll ist es zu schwer, die lassen es am Strassenrand stehen…
Also: Rein ins eBay, Beschreibung: ”Klavier, kenne mich leider nicht damit aus, muss wahrscheinlich gestimmt werden, keine Garantie, da von Privat”. Schauen Sie selbst nach, wie viele Instrumente so oder so ähnlich angeboten werden – und wie viele Leute auf so ein Instrument – zumeist ungesehen – bieten!
Kein Mensch würde ungesehen ein Auto kaufen – angepriesen mit “Auto, kenne mich nicht damit aus, weiss nicht ob es fährt, Alter und km-Stand unbekannt, muss wahrscheinlich repariert werden”.
Aber bei Klavieren funktioniert das in letzter Zeit erstaunlich gut…
Daher hier einige Grundregeln:
Kaufen Sie ein Instrument (von privat) NIE ungesehen. Wenn Sie sich selbst nicht mit Klavieren auskennen, nehmen sie IMMER einen Fachmann. Ein Klavierlehrer kann zwar Spielgefühl und Klang beurteilen, vermag aber zumeist nicht, Aussagen zur Stimmbarkeit, Stimmhaltung oder anhängiger Reparaturen zu treffen. Ein Klavierstimmer/Klavierbauer ist hier die bessere Wahl, eine Instrumentenbegutachtung vor Kauf ist auch nicht teurer als ein ergebnisloser Stimmversuch nach Kauf.
Lassen Sie die Finger von uralten Geradsaitern ohne vollen Gussrahm